Sind Sie mal an einem Freitag im Zug ab mittags auf einer der Hauptachsen innerhalb Deutschlands unterwegs gewesen? Grundwehrdienstleistende, Soldaten und Offiziere so weit das Auge reicht. Sie sitzen, liegen, hocken überall im Zug, manche in Uniform, viele in privat. Das Bier fließt in Strömen und die Stimmung erinnert leicht an den Ballermann auf Mallorca, denn jeder hat einen MP3-Player, ein Handy und keine Kopfhörer auf. Der Rhythmus ist aber seltsamer Weise immer gleich, so dass es klingt, als ob die Musik aus einem großen Lausprecher kommt. Wenn sich die Soldaten unterhalten, dann drehen sich die Gespräche der „einfachen“ Soldaten immer und immer wieder über die Vorgesetzten und die Höchstleistungen, die sie in dieser Woche absolviert haben. Wenn sie neben einem Pulk stehen (ich habe übrigens nicht gedient), können Sie was in Waffenkunde lernen. Ich kann nun eine 155mm-Feldhaubitze problemlos bedienen, da der Soldat neben mir eine detaillierte Beschreibung seinem Kameraden gegenüber geliefert hat. Ob ich ein Gewehr nun blind auseinander nehmen kann, das werde ich im Teil 2 des Kursus „Grundausbildung“ morgen kennenlernen.
Das ist doch fast wie die Industriespionage, die man auch jeden Tag im Zug betreiben kann, da wünscht man sich doch glatt eine hoch auflösende Knopfkamera in Stil von James Bond. Besonders ist mir die Powerpoint Präsentation einer Produktneueinführung eines Kekses in Erinnerung, die eine fleißige, junge, extrem wichtige, dynamische Beraterin neben mir einem Finetuning unterzogen hat. Die Frau, Anfang 20 – wahrscheinlich erster Job nach dem 12. Praktikum – leicht gestresst, einen Kaffee nach dem anderen trinkend und einen leichten Hauch von unangenehmen Stressgeruch. Bekleidet mit einem leichten, weißem Blüschen, kurzes graues Kostüm mit schwarzen Pumps (die ausgezogen auf dem Boden liegen), glänzende dunkelbraune Nylons…Sie kennen das bestimmt und wissen wovon ich spreche… Wenn ich nun diese Kamera gehabt hätte, ich wäre heute bestimmt reicher, denn die komplette Rezeptur und der Fertigungsprozess wurde dort offen am Laptop Folie für Folie dargelegt. Ein Glück, dass die Sonne so steil stand, dass ich die ganze Zeit meine Sonnenbrille aufhaben musste und die reizende Dame nichts von meinen Blicken mitbekommen hat.
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