Im Zug unterwegs

Geschichten vom Bahnfahren

Setup 6 – Mike Schnoor

Nummer sechs in der Reihe der Setups: Mike Schnoor


1. Wer bist Du, was machst Du und wo haben wir uns das erst mal kennengelernt?

Mein Name ist Mike Schnoor und wer nach mir im Internet sucht, findet schnell heraus, dass ich beruflich viel mit Public Relations, Kommunikation und Social Media mache. Ich bin in erster Linie ein stolzer Familienvater, lebe in Köln und verantworte hauptberuflich die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. mit Sitz in Düsseldorf. Vor einiger Zeit haben wir beide uns auf dem Bahnsteig oder auf einer der ehemals von mir mitorganisierten Twittwoch Köln Veranstaltungen kennengelernt.

2. Welche Bahncard hast Du oder welches Ticket nutzt Du meistens?

Früher nutzte ich eine BahnCard 50 für einzelne Reisen, jedoch bevorzuge ich mittlerweile als Berufspendler zwischen Köln und Düsseldorf das ICE-Monatsticket in Kombination mit NRWplus. Leider ist diese Ticketkombi nicht rabattfähig und die monetäre Endstufe der BC100 schlägt noch zu stark zu Buche. Daher verzichte ich vorerst auf eine BahnCard, vor allem jedoch weil ich meine privaten Reisen meist gemeinsam mit der Familie unternehme.

3. Wie oft fährst Du Bahn und welche Züge nutzt Du?

Sehr gerne verzichte ich auf die Personenfrachtviehtransporter des Regionalverkehrs. Von Montag bis Freitag nutze ich daher entweder ab Köln Hauptbahnhof IC2333, ICE616, ICE545 oder von Köln-Deutz den ICE845. Die Rückfahrt aus Düsseldorf meistens im IC130, aber mit Chance im ICE613. Wenn ich mich über Foursquare in einem der Züge einchecke, darf man sich
gerne mit mir auch in Person unterhalten. Bei beruflichen Reiseterminen vertraue ich voll und ganz auf den Fernverkehr der Bahn. Alle Ziele, die in rund vier Stunden von Köln aus erreichbar sind, eignen sich hervorragend für eine Bahnfahrt.

Mal ein kleines Gegenbeispiel: Für die Flugreise muss ich 40 Minuten mindestens für die Anreise zum Flughafen in Kauf nehmen. Hinzu kommt das Warten auf den Abflug mit gut 30 bis 50 Minuten je nach Stoßzeit beim Checkin und beim Boarding. Die Stunde bis 1,5 Stunden reine Flugzeit sind geschenkt. Was aber meist vergessen wird, sind wieder rund 15 bis 30 Minuten für das das Verlassen des Flugzeugs und das Gepäck, sowie gegebenenfalls die Taxifahrt am Zielort mit weiteren 30 Minuten– da kommt
man gut und gerne auf 3,5 Stunden. In der Bahn arbeite und recherchiere ich auf solchen überschaubaren Strecken lieber in dieser Zeit – und solange keine Verspätung die Reise verzögert, bin ich immer noch guter Dinge.

4. Platzreservierung oder Risiko?

Wie oft habe ich Leute beobachtet, die in überfüllten Zügen mit ihrem Gepäck stehen müssen, weil sie zu geizig für den Reservierungszuschlag mit vier Euro je Strecke waren. Auf Fernreisen ist die Platzreservierung ein absolutes Muss. Solange nicht von Doppeltraktion auf einen Zugteil reduziert wird, fahre ich also damit ganz gut. Aber wenn ich als täglicher Berufspendler jeden Platz reservieren würde, würde ich in kürzester Zeit bettelarm sein. Die Bahn schenkt natürlich nichts, selbst das teure
Monatsticket darf nicht auf den bahn.comfort-Status angerechnet werden. Also gehe ich auf volles Risiko und bitte die Reisenden freundlich, den Platz neben sich von Gepäck und Jacken frei zu räumen, so dass ich dort sitzen kann. Ja, auch wenn da ab Köln reserviert ist, nehme ich gerne den Platz schon ab Düsseldorf ein. Und selbst wenn schon seit Essen oder Düsseldorf Flughafen der Platz reserviert sein sollte, freue ich mich zu sitzen. Meistens kommt keiner mehr oder die Reisenden haben ihren Zug
verpasst. Schließlich mache ich für Platzreservierungen auch wieder frei, wenn der Reisende innerhalb des Ermessenszeitraums der 15 Minuten ab Abfahrt seinen Platz einnehmen möchte. Das ist doch selbstverständlich.

5. Was hast Du meistens bei Deinen Bahnfahrten dabei?

Das iPhone ist mein ständiger Begleiter und meine rote Crumpler Tasche mit der Verpflegung. Auf längeren Fahrten natürlich der Laptop und alle Ladekabel sowie gute Kopfhörer, zur Not helfen auch die Ohrstöpsel vom iPhone.

6. Wie vertreibst Du Dir die Zeit im Zug?

Auf Fernreisen schaue ich gerne in einige Fach- und Publikumszeitschriften oder so manch kostenlos offerierte überregionale Zeitung. Natürlich höre ich viel Musik, schaue aber entgegen der weitläufigen Praxis mancher Reisenden keine Filme an. Einen wesentlichen Bestandteil vor allem auf den kurzen Pendlerfahrten bildet das digitale Lesen, hinzu kommt aktives
twittern und kommunizieren, Fotos per iPhone schießen oder wiederum Musik hören.

7. Was ist für Dich die perfekte Bahnlektüre /-Musik -/Film

Meine Follower und die von mir Verfolgten versorgen mich bei Twitter mit so vielen Informationen, dass mir kaum langweilig wird.

8. Hast Du schon ein nachhaltiges Erlebnis im Zug/auf dem Bahnhof gehabt?

Als kleiner Junge durfte ich eine der alten Diesellokomotiven im ehemaligen Bahnbetriebswerk Flensburg rangieren. In der vierten Klasse fuhren wir zum Abschluss der Grundschule mit einer alten Dampfeisenbahn durch Angeln. Der Rasende Roland auf Rügen faszinierte mich ebenso. Irgendwo auf Mutters Dachboden sind meine alten Märklin- und Fleischmann-Züge verpackt, die ich in einigen Jahren meinen Kindern vermachen werde. Man merkt also, ich muss nicht immer schnell mit der Bahn
fahren. Die Hauptsache ist, dass das Erlebnis stimmt und dass eine Bahnreise nicht zum Zwang wird.

9. Was findest Du gut im Zug/am Bahnhof?

Im Winter geheizte Wagen und einen Sitzplatz. Im Sommer gekühlte Wagen und einen Sitzplatz. Am meisten schätze ich die Entspannung, die ich auf der Bahnreise erfahren kann. Zugleich nutze ich wie oben erwähnt die Zeit zur Information aus privatem und beruflichem Anlass.

10. Was stört Dich im Zug/am Bahnhof

Sehen wir von der mangelhaften Netzabdeckung für das Mobile Internet ab, stören mich vielmehr die Ablaufprobleme einer Reise. Wenn ein komplett neuer Zug am Startbahnhof auf einen verspäteten Anschlusszug mehr als fünf bis zehn Minuten wartet, finde ich das grausig. Schließlich warten andere Züge auch nicht, wenn mein Zug sich verspätet hat. Natürlich besitze ich ein großes Verständnis für alle Reisende, die es eilig haben und einen Anschlusszug erwischen müssen. Jedoch wurmt mich die Anti-Kultur der Deutschen, die sich direkt vor den Türen auf dem Bahnsteig rotten, so dass die Reisenden nur im Gänsemarsch hintereinander durch eine enge Gasse den Zug verlassen können. Dieses unanständige Prinzip des Reinquetschens, bevor Menschen aussteigen, kennt man ja von U-Bahnen – und das hat im Reiseverkehr mit den Bahnen nichts zu suchen, egal ob Regional- oder Fernverkehr.

11. Gibt es eine Anekdote von einer Bahnfahrt die Du hier mitteilen möchtest?

Ein gewisser @Hobbbes zeigte mir während einer gemeinsamen Bahnfahrt, was man im ICE alles anstellen kann, um analoge Musik zu fabrizieren. Die dabei erzählten Geschichten über von den Zügen zerteilte Kühe blieben bis zum heutigen Tage aufgrund meiner ausgiebigen Fantasie nachhaltig im Gedächtnis präsent. Auch die 140 Minuten Verspätung auf der Schnellstrecke
Frankfurt-Köln, die ich gemeinsam mit @kaihattendorf erleben durfte, wurde trotz drei Überholmaneuver von anderen ICEs dank des „Freibiers bis zum letzten Schluck“ im Bordbistro zu einem Volksfest. Am meisten war ich von einem Reisenden fasziniert, der partout behauptete, ich würde seinen Sitzplatz blockieren, für den ich eine eigene Platzkarte hatte. Er bestand darauf, dass der Zugbegleiter die Situation klären solle. Was dabei rauskam, war für den Reisenden mehr als peinlich: Falsche Wagennummer und
eine Abfahrt zu spät – also vollkommen im falschen Zug zu sein und auf das vermeintliche Recht zu bestehen, das fand ich schon sehr dreist. Der Zugbegleiter und ich nahmen es dann gelassen, denn der Reisende musste trotz seiner verbalen Grätschen am Ende zähneknirschend auf der überfüllten Fahrt stehen bleiben.

12. Wie sieht für Dich der Personenverkehr der Zukunft aus?

Zuvorkommend wäre eine Senkung des bereits hohen Preisniveaus für die BahnCard 100, denn diese potenzielle Notwendigkeit rein aus privaten Mitteln zu finanzieren rentiert sich in meinem Fall einfach nicht, obwohl ich wie auch viele andere Reisenden einen großen Bedarf dafür sehe. Von meinem persönlichen Reiseverhalten leite ich ab, dass insbesondere die Strecken in den Ballungsgebieten für Reisende wesentlich schneller und mit einer zeitlich intensiveren Taktung befahren werden sollten. Das Angebot der Züge insbesondere zu den Stoßzeiten von Berufspendlern muss noch stärker ausgebaut werden. Die zweistöckigen IC-Züge können helfen, aber die fahren bekanntlich seltener als zweistöckige Regionalzüge. Ein ICE von Köln nach Düsseldorf und zurück im 10-Minuten-Takt wäre das Glücksgefühl für Pendler. Eine generelle Modernisierung aller Züge auf WLAN und
Stromanschlüsse wäre zeitgemäß, vor allem auch im Regionalverkehr. Hier sind jedoch die Hersteller wie Bombardier oder Siemens gefragt – und nicht die Deutsche Bahn direkt. Aber das wäre ja alles Zukunftsmusik…

Leave a Reply

Required fields are marked *.