Heimat, was ist das? Kann man einem Englisch sprechenden Menschen das genau erklären? Home? Home is where the heart is? Nein, man kann es nicht erklären, denn Home hat nichts mit Heimat zu tun. Heimat ist, wie ich finde, ein Gefühl, eine Ortsbeschreibung, eine Region …. Also nichts, was man in einer anderen Sprache erklären könnte. Dem Aufruf der Blogparade von Katja Wenk bin ich gefolgt.
Aber nun lest selbst, wie ich meine Heimat beschreibe:
Das Siebengebirge liegt geografisch im Niederen Westerwald und bildet mit dem Drachenfelser Ländchen das Tor zum Mittelrhein. Ein heimatverbundener Mensch des Siebengebirges würde aber niemals behaupten, dass wir Westerwäldler sind 😉
Die Kölner Bucht erschließt sich im Norden weit bis zur Mündung des Rheins in die Nordsee und gen Süden windet sich der Rhein in das romantische Mittelrheintal bis hin in den Bodensee. Die rechtsrheinische Seite im Südosten Bonns umfasst mehr als 80 Berge und Anhöhen. Vulkanischer Ursprung hat den heute ältesten Naturpark Deutschlands vor 25 Millionen Jahren entstehen lassen. 2006 wurde das Siebengebirge in die Liste der 77 ausgezeichneten Nationalen Geotope aufgenommen.
Die Namensgebung ist bis heute unklar. Es existieren jedoch viele Geschichten, wie es zu dem Namen Siebengebirge kam. Die charmanteste ist meiner Meinung nach die Sage, dass sieben Riesen aus Holland gerufen wurden, um das Binger Loch auszugraben und dann auf dem Heimweg nach Holland bei Königswinter rasteten und ihre Spaten in die Erde stießen. Als sie dann weiterzogen, blieben die Erdbrocken der Spaten als die sieben Berge des Siebengebirges zurück. Die sieben bekanntesten Berge sind der Drachenfels, der Petersberg, die Löwenburg, die Wolkenburg, der Ölberg, der Nonnenstromberg und der Lohrberg. Alle nicht höher als 460m, also für einen Süddeutschen gerade mal ein Hügel, aber wenn man bei der jährlichen Wanderung „Sieben auf einen Streich“ mitmacht, dann kommen ca. 2.000 Höhenmeter auf die Uhr und das an einem Tag. Selbst erfahrene Wanderer kommen hier ins Schwitzen. Für das kommende Jahr habe ich einen Instawalk geplant. Also schon einmal Mai 2014 in den Terminkalender schreiben und dann werden wir gemeinsam die sieben Berge meistern.
Und außerdem haben wir einen Drachen hier im Gebirge – und das haben die Bayern in den Alpen nicht! Der Sage nach lebte der Drache am Drachenfels und wurde von Siegfried erschlagen. Das Loch der Behausung kann man heute noch vom Rhein aus sehen. Aber neuere Niebelungenforschungen haben ergeben, dass Siegfried es damals zeitlich gar nicht geschafft hat, den Weg von Worms nach Königswinter zu gehen. Er musste ja dringend wieder zurück die Welt und das Gold retten.
Aprops Gold, das hat der Rhein in seinem Sediment zwar reichlich, aber dennoch ist das Siebengebirge eher bekannt für seinen Stein: Der Kölner Dom, den kennt ihr ja bestimmt, ist aus den Steinbrüchen des Siebengebirges erbaut worden und noch heute liefern wir den Stein für die unendlichen Reparaturen des Doms. Apropos, die Kirche … der Abt von Heisterbach fällt mir spontan ein. Schon mal gehört? Nein? Der lebte um1200 in der Zisterzienser Abtei Heisterbach. Es war nach dem Dom zu Köln die größte Kirche Mitteleuropas. Heute sieht man nur noch die Chorruine auf dem Klostergelände und diese ist monumental! Wenn man sie sieht bekommt man eine kleine Ahnung davon, wie unglaublich beeindruckend die gesamte Klosteranlage einst gewesen sein muss.
Monumental ist auch der Erzabbau im Mittelalter im Siebengebirge. Lange vor dem Ruhrgebiet war das Siebengebirge Lieferant der damals wichtigen Erze: Kupfer, Blei und Zink. Und natürlich nicht zu vergessen die Raubbau-Steinbrüche der Römer aus dem ersten Jahrhundert nach Christi. Was? Erstes Jahrhundert? Ja genau … und noch älter sind die ersten Siedlungen im Siebengebirge. Das Neandertal ist nicht weit, aber so weit will ich hier nicht zurückgehen: Stoppen wir bei den Kelten. Ringwälle hat man hier in den Bergen gefunden, bislang jedoch noch unerforscht. Es werden immer noch Studenten gesucht, die da – ganz freiwillig – mal ein wenig tiefer graben in der Geschichte des Siebengebirges. Sie werden die rund 200 km langen Wanderwege sicher links liegen lassen und auf dem 4800 ha großen Gebiet des Siebengebirges genug Material für ihre Forschungen finden.
Die Römer brachten übrigens auch die Weintrauben mit an den Rhein, weshalb das Siebengebirge auch heute noch zu den nördlichsten Weinanbaugebieten Deuschlands zählt. Und nicht nur Wein wird im Siebengebirge in den zahlreichen Weinwirtschaften getrunken, auch ein kühles obergäriges Bier wird in der Region mit Vorliebe genossen.
Und damit sind wir wieder in Köln und beim Kölsch. Leider haben wir keine eigene Brauerei vor Ort, aber das Siebengebirge liegt noch im erlaubten Kreis von 50 km vom Dicken Pitter entfernt, sodass wir das Bier, würden dieses denn im Siebengebirge brauen, Kölsch nennen dürften. Unsere eigene K&K Monarchie haben wir hier auch am Rhein – Karneval und Kölsch! Hier ruft man übrigens Alaaf und nicht Helau. Die Weiberfastnacht ist schließlich in Beuel entstanden, beim Aufstand der ortsansässigen Waschweiber, die das Regiment übernommen haben.
Wo wir bei der typischen Mundart sind. Wir, auf der „schääl Sick“ (rheinisch für „falsche Seite“), also die Seite der unkultivierten Barbaren, haben einen riesen Vorteil gegenüber der linken Rheinseite: Wir haben einen Sonnenuntergang und viele Grundstücke sind nach Westen ausgerichtet, sodass wir (sofern man Rheinlage hat) das Rheingold sehen könnte. Die Schattenseitler (also die Bonner) haben da das Nachsehen 😉 Historisch betrachtet rührt der Ausdruck „schääl Sick“ aber von den Pferden her, die früher die Schiffe auf dem Rhein an langen Seilen in den Süden gezogen haben: Da die rechtsrheinische Seite Westsicht hat, musste man den Pferden Scheuklappen vor die Augen machen, um diese vor Verletzungen zu schützen. Wo wir schon beim nächsten Thema sind. Nein, nicht bei den Scheuklappen, sondern bei den Pferden. Die Zucht von edlen Pferden ist nicht nur den Niedersachsen vorbehalten, nein auch der Rheinländer züchten hochwertige Pferde: den Aegidienberger. Zahlreiche Gestüte und Reitwege sind über das ganze Siebengebirge. verteilt Einkehren – auch ohne Pferd – kann man in einigen Waldwirtschaften.
Mitten im Wald liegen malerische Gasthöfe, die dem Wanderer immer etwas zu Essen und ein kaltes Getränk anbieten. Wer es etwas exklusiver haben möchte, der kann in das Gästehaus Petersberg einkehren, was zwar schon seit 3.500 vor Christi erste Spuren einer Besiedelung vorweist, aber seinen legendären Ruf erst nach dem zweiten Weltkrieg erhielt. Dort tagten die alliierten Siegermächte und beschlossen 1949 das Petersberger Abkommen. Politisch ist das Siebengebirge schon seit Römerzeiten ein wichtiges Gebiet. Das Ende / der Anfang des Limes im Süden bei Bad Hönnigen kann man hier nennen, die Trennung der barbarischen Völker vom Römischen Reich, die freie Rheinprovinz, etc. Selbst im zweiten Weltkrieg war das Siebengebirge ein wichtiger Standort. V1 Abschussrampen (von denen immer noch Reste im Wald zu sehen sind), unterirdische Fabriken (die gesperrt, aber immer noch begehbar sind) und die letzte noch in Stand befindliche Brücke des Rheins zwischen dem Bodensee und den Niederlanden möchte ich in diesem Zusammenhang hervorheben. Die Ludendorff Brücke (Brücke von Remagen) beherbergt auf der linksrheinischen Seite ein Museum und auf der rechtsrheinischen Seite seit einigen Jahren ein Theater im Tunnel.
Das Siebengebirge besteht aus den drei Ortsgemeinden Königswinter, Bad Honnef und der Verbandsgemeinde Unkel; angrenzend im Norden Bonn und im Süden Linz am Rhein. Leider haben es diese Gemeinden verpasst, damals den Antrag für die Anerkennung der UNESCO als Weltkulturerbe mit zu unterschreiben, sodass dieser Kelch an der Region vorbeigeht.
Aber ein paar bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens kommen aus der Region, bzw sind in der Region fest verwurzelt:
Als bekannteste Kinder des Siebengebirges (der neueren Zeit) würde ich Ferdinand Mülhens (4711), Max Riese (Penaten) und Konrad Adenauer (Politiker) nennen.
Und wo wir schon bei bemerkenswerten Persönlichkeiten der neueren Zeit sind. Die bemerkenswerten Persönlichkeit der letzten Jahrhundert hinterließen uns auch etwas: Burgen und Schlösser. Fünf Burgruinen und zwei Schlösser können im Siebengebirge erwandert werden.
Zudem schätze ich sehr die Nähe zu dicht besiedelten Gebieten. Bonn und Köln liegen vor der Haustüre und wenn man mal ans Meer möchte, so braucht man nur 2 ½ Stunden mit dem Auto zu fahren und schon kann man die Füße in salziges Seewasser stecken..
Nahe ist der Flughafen Köln/Bonn, der ICE-Bahnhof Siegburg/Bonn und der Bonner Hauptbahnhof. Regionalbahnhöfe haben wir fünf an der Zahl und die A3, A61, A59 vor der Türe. Wenn man ins Rhein-Main Gebiet möchte, sei es zum Flughafen oder in die Stadt, so braucht man ca. 1 Stunde 20 Minuten. Der Flughafen Frankfurt ist in 45 Minuten erreichbar. Mit dem Zug ist Paris/Amsterdam in drei Stunden und Berlin/München in fünf bis sechs Stunden erreichbar. Es ist so, als wenn der Berliner mal flott nach Hamburg fährt (oder vs) – so fahren wir Siebengebirgler nach Brüssel oder Maastricht. Ach so, mit dem Schiff kann man das Siebengebirge übrigens auch perfekt erreichen. Einfach in einen Köln/Düsseldorfer einsteigen und in Königswinter, Bad Honnef oder Unkel aussteigen.
Lust auf das Siebengebirge kann man eigentlich nicht besser bekommen, als mit diesem Volkslied:
Warum ist es am Rhein so schön?
Weil die Mädel so lustig und die Burschen so durstig,
weil so heiß dort das Blut ist und der Wein dort so gut ist,
weil die Burschen so frank sind und die Schläger so blank sind,
weil die Mädchen so treu sind und die Burschen so frei sind ,
weil die Lieder so inning und die Worte so sinnig,
weil am Rheine man jeden frei und offen hört reden ,
weil selbst aus den Burgruinen neuer Hoffnung Triebe grünen,
weil am Rhein die Geschichten uns von deutschem Ruhm berichten,
weil das Auge sich feuchtet, wenn’s von Heimatstolz leuchtet,
weil die Felsen hoch droben so von Sagen umwoben,
weil uns fesseln ew’ge Bande an die rheinischen Lande,
weil der Rhein mit seinen Reben wird uns frohe Stimmung geben,
weil wir uns am Weine laben woll’n die Sorgen wir begraben ,
weil dort sorgenlose Herzen fröhlich lachen und viel scherzen ,
weil die alten Deutschen tranken bis sie still zu Boden sanken,
weil aus Malz und aus Hopfen wird gemacht ein guter Tropfen ,
weil die Mädel fesch und fröhlich trinkt der Bursch oft mehr als nötig .
Darum ist es am Rhein so schön!
Text: Adolf von Bergsattel und Franz Suppan
Musik: Adolf von Bergsattel, vor 1928
Hier noch einige Links, sofern Ihr mal eine Reise ins Siebengebirge plant:
http://www.siebengebirgsmuseum.de
http://www.schloss-drachenburg.de
http://www.naturpark-siebengebirge.de
http://www.bonn-region.de/deutsch.html
Bildnachweise:
Tourismus & Congress GmbH Region Bonn , Tourismus Siebengebirge, Rheinsteig Büro und Sascha Hüsing
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